Gemeinschaftsschule Neubulach
Cross-Promo in der Berufs- und Studienorientierung
Session beim BARCÄMP im Staatsministerium am 03.02.2023
Im Rahmen des BARCÄMPs im Staatsministerium Baden-Württemberg fand die Session „Cross-Promo in der Berufs- und Studienorientierung“ statt. In der von der Gemeinschaftsschule Neubulach moderierten Session wurde eine systematische und nachhaltige Integration der Berufs- und Studienorientierung vorgestellt. Diese beinhaltet im Kern die Verzahnung von WBS mit vielfältigen fachbezogenen Projekten im kompletten Fächerkanon. So wird die Leitperspektive BO gestärkt und die fachliche Qualität im Unterricht nochmals gesteigert. Die Grundidee orientiert sich dabei am „Cross-Promo“-Ansatz aus dem Marketing: Einer beiderseits bereichernden Zusammenarbeit von Schule und außerschulischen Institutionen.
In der Session wurden zunächst Erfahrungen mit verschiedenen Ansätzen der Berufs- und Studienorientierung in der schulischen Praxis vorgestellt und reflektiert. Dazu gehörten die „Leitperspektive“ (alle machen ein wenig was dazu), „Extra Fach einführen“ (z.B. WBS) oder „Additives Setting“ (es kommt für alle etwas zusätzlich hinzu). Da aus Sicht der Schule alle Ansätze für sich betrachtet zu kurz greifen, plädierten die Sessiongebenden für eine neue Herangehensweise: Im Fachunterricht werden die fachliche Qualität und der Anwendungsbezug in den Fokus genommen. Gemeinsam mit Bildungspartnerinnen und -partner werden anspruchsvolle und anwendungsorientierte Projekte realisiert – und die Berufs- und Studienorientierung läuft „ganz normal“ und organisch verwoben mit. Dies ist keinesfalls als Absage an das Fach WBS zu verstehen. Im Gegenteil: Mit der Einführung des Faches WBS wurde die Systematik einer nachhaltigeren Berufs- und Studienorientierung deutlich erhöht. Doch das Fach allein kann die im Bildungsplan vorgesehene Leitperspektive natürlich nicht auffangen. Im Gegenteil: Nur durch eine enge Verzahnung mit den übrigen Fächern wird verhindert, dass die Leitperspektive gefühlt an WBS abgegeben wird.
Der vorgestellte Ansatz orientiert sich an der Cross-Promo-Idee im Marketing, bei der zwei oder mehr Parteien zusammenarbeiten, um die Reichweite ihrer jeweiligen Angebote zu erhöhen. Übertragen auf die Berufs- und Studienorientierung bedeutet das, dass verschiedene Institutionen wie Schulen, Unternehmen, Hochschulen und Politik ihre Kräfte bündeln, um Schülerinnen und Schülern eine breitere Palette an Möglichkeiten und Erfahrungen sowie fachlich anspruchsvolle und anwendungsbezogene Lernsituationen zu ermöglichen. Dies kann beispielsweise durch gemeinsame Unterrichtsprojekte der Fall sein (die dann wiederum Betriebsbesichtigungen und die Vorstellung von Ausbildungsberufen beinhalten können). Im Vordergrund steht aber zunächst die fachliche Kooperation. Eine Voraussetzung dafür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben. So können gemeinsame Projekte gefunden und realisiert werden, die sich sowohl mit dem Bildungsplan als auch mit den Ausbildungsplänen in Einklang bringen lassen. Besonders eindrucksvoll ist dies bei der Kooperation der Gemeinschaftsschule Neubulach mit Endress+Hauser ausgeprägt. Hier wurden Stoffverteilungs- und Ausbildungspläne aufeinander abgestimmt, so dass gemeinsame Projekte, Workshop- und Beratungsphasen verbindlich in den Jahresablauf integriert werden konnten. Das führt dann wiederum dazu, dass sowohl bei Lehrkräften als auch bei den Ausbildungsverantwortlichen das häufig anzutreffende Gefühl eines additiven Settings (“ ich muss noch mehr in noch weniger Zeit leisten“) kaum noch von Relevanz ist. Gleichzeitig sprechen die Lehrkräfte der Schule von einer klar spürbaren inhaltlichen Entlastung durch die Expertinnen und Experten aus den Unternehmen und dem mit der Kooperation verbundenen Austausch.
Insgesamt umfasst die Konzeption der Gemeinschaftsschule Neubulach derzeit 16 Kooperationen mit verschiedenen regionalen und überregionalen Unternehmen und Hochschulen, die jeweils konkrete fachbezogene Projektkooperationen umfassen.

In der Austauschrunde diskutierten die Teilnehmenden, wie Lehrkräfte für solche Projekte wie das der Gemeinschaftsschule Neubulach gewonnen werden können und wie sichergestellt werden kann, dass Schülerinnen und Schüler ein breites Angebot an Branchen erhalten. Es wurde betont, dass auch Unternehmen mehr Engagement zeigen müssen, um den Fachkräftemangel zu begrenzen, und dass die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Kammern gefördert werden sollte.
Außerdem wurde diskutiert, dass die kompetenzorientierte Arbeit an den Schulen weiter gestärkt werden – und zunehmend auch bewertungsrelevant werden sollte. Es herrschte Einigkeit, dass die Bildungspläne dies schon lange hergeben, doch die landläufige Praxis der Leistungsbewertung noch viel zu sehr das Abrufen von auswendig gelernten Inhalten in den Fokus nimmt.